Zur Startlinie zu paddeln gehört wohl zu den eher unbeliebten Tätigkeiten der regattierende Segler. Aber was tut man nicht alles … doch der Reihe nach.
Die runden Geburtstage einiger Boote am Baldeneysee im Jahre 2005 führten zu der Idee, diese Geburtstage mit einer Klassikerregatta auf dem Baldeneysee – sonst Revier der H–Boote, Stare, Folkes, Kielzugvögel etc. – zu begehen. Die Regatta fand im Rahmen des 50–jährigen Jubiläum des Essener Yacht–Club (EYC) statt und fand begeisterten Anklang.
Die Organisatoren Kurt Schulze (Junior–Folke), Hubert Baron (30er–Schärenkreuzer) und Achim Reinhardt (30er–Binnenkielklase) brachten erneut eine gesellige Runde von Klassiker–Fans zusammen. Stolze 24 Boote waren für den 03. Oktober gemeldet, leider konnten nur 19 starten. Das älteste Boot kam auch in diesem Jahr von den Seglern im EWRC: der 30qm–Binnenkieler „Black&Blue”. Mit einem gemütlichen Reesabend (Reesen = sich unterhalten und Geschichten erzählen) im Clubhaus des EYC begann der Event: Kennenlernen, über Boote quatschen und den Blick vom Panoramafenster auf den jetzt stillen Baldeneysee genießen. Kurt Schulze unterstützt von Marion Weinberg nahm die Zulosung der Boote in drei Teams vor, zwischen denen der Hauptpreis ausgesegelt werden sollte.
Die Wetterlage am Anreisemontag war eher ungemütlich, aber für den Dienstag versprach Rasmus faire Windbedingungen, die sowohl den Leichtwindbooten als auch den schweren Kielyachten gerecht werden sollten.
Nach einem ausgiebigen Seglerfrühstück hieß es um 11 Uhr Startbereitschaft zum ersten Lauf. Wolfgang Pressburger, der Regattaleiter des EYC, hatte sich trotz noch schwächelnden Windes für einen zwei mal zu fahrenden 6–2–Kurs entschieden. Für diejenigen, die den Baldenysee nicht kennen sei kurz erklärt, dass auf dem See sieben Tonnen ausliegen, die bei Regatten als Wendepunkte dienen. Zu segeln war also Start – Tonne 6 – Tonne 2 – Tonne 6 – Tonne 2 – Ziel. Wolfgang Pressburger erwartete mit der Bahnwahl eine Fahrzeit von rund zwei Stunden mit der Option auf Bahnverkürzung.
Der Start verlief ohne jeden Streß. Da es ein Zeitfenster für den Start gab und jeder im Fenster mit der effektiven Zeit gemessen wurde erübrigten sich Material fressende Positionskämpfe an der doch engen Startlinie. Freundliche zwei Windstärken trieben die Boote voran und schnell trennten sich die „Rennziegen” von den eher behäbigeren Booten. Interessierte Zuschauer am Ufer freuten sich über den seltenen Anblick so vieler Klassiker.
Es kam jedoch wie fast abzusehen: der Wind schwächelte und die Regattaleitung verkürzte den Kurs auf S–6–2–6–Z.
Für 14 Uhr war der zweite Start vorgesehen. Es sollte schon eine kurze Wettfahrt werden – mit Rücksicht auf den schwachen Wind. Die Teilnehmer mussten zur Startline paddeln und auch der eine oder andere Schluck für Rasmus half nicht. Bei 1 Bf ging es ganz langsam und vorsichtig auf den kurzen Kurs. Die Schwachwindtaktiker waren gefragt. Ausgewiesene Leichtwindboote wie Jollen und L–Boote waren jetzt im Vorteil. Ausreichend Lee–Trim, keine hektischen Bewegungen, vorsichtiges Schotenzupfen … Positionskämpfe in Zeitlupe. Besonders hart traf es die schweren Boote, die teilweise doppelt so lange für den kurzen S–5–Z–Kurs benötigten. Der hereinbrechende Regen, der sich direkt nach dem Lauf wieder verzog, tat ein Übriges den Sportsgeist auf die Probe zu stellen.
Im Anschluß an die Wettfahrten – während die Segel im Wind trockneten – versammelten sich die Teilnehmer zur süß–deftigen Bergischen Kaffeetafel im Clubhaus und feierten sich und die Sieger.
Der Hauptpreis, von Hubert Baron gegeben und als ewiger Wanderpreis ausgeschrieben, wurde in der Teamwertung vergeben. Das Teilnehmerfeld war so zugelost, dass vergleichbare Boote gegeneinander antraten. Gewertet wurde die Gesamtzeit aller Teammitglieder aus beiden Wettfahrten. Sieger war Team C mit folgenden Booten: M. Langenberger – 15qm Jollenkreuzer, K.–P. Lux – 15qm Jollenkreuzer „Mistral”, A. Böcker – 30qm Binnenkieler „Black&Blue”, M. Böving – BM „Seegans”, M. Buck – Drachen „Rana”, P. Bongast – Hansajolle, G. Kretschmar – H–Jolle „Seeschwalbe”.
Die ausgeschriebenen Wanderpreise gingen an folgende Wertungssieger:
- Vize–Admiral von Trotha Preis von 1935 für die schnellste Yacht
Achim Reinhardt mit dem 30qm Binnenkieler L–147 „Marlin“ vom OSC - BSC Preis von 1924 für die schnellst Schwertyacht
Karl–Peter Lux (der auch in der Gesamtwertung nach KLR den ersten Platz belegte) mit dem 15qm–Jollenkreuzer P 280 „Mistral” vom YCNo.
Die „Black&Blue“ (Anne und Christoph Böcker, Michael Röhrig) belegte in der Endabrechnung Platz 8.
Zu guter Letzt vergab Wolfgang Pressburger noch einen Sonderpreis auf die Frage nach dem Gesamtalter der teilnehmenden Boote. Stolze 1130 Jahre „altes Holz” war am Start und Charlotte Reinhardt kam dem mit geschätzten 1100 Jahren am nächsten.
Auch im nächsten Jahr werden sich wieder Drachen, Hansajollen, L–Bote, Schärenkreuzer, O–Jollen und viele mehr am 03. Oktober zum Segeln unterm Förderturm beim EYC am Baldeneysee einfinden.
Autor: Christoph Böcker, 2006
Bilder: Marion Weinberg