Nach über 50 Jahren war es soweit: Beim Akademischen Seglerverein in München e.V. (ASViM) am Ammersee trafen sich sechs Eigner mit ihren L–Booten, einer fast ausgestorbenen Traditionsklasse, zur ersten Regatta seit Jahrzehnten in Klassenstärke unter Ranglisten–Regattabedingungen.
Der ASViM als Organisator dieses Treffens ermöglichte damit erstmals ein solch geschichtsreifes Zusammenkommen der 30qm–Rennklasse, die heute Binnenkielklasse genannt wird und ein „L“ als Segelzeichen trägt. Beim HDL–Finale im ASViM am Ammersee trafen sich H–Boote, Drachen und L–Boote, um mit von der Partie zu sein.
Bereits in der Vorbereitungsphase war eine besondere Spannung zu verspüren, denn nach langem Warten kam endlich der Tag, an dem sich Eigner, Schiff und Mannschaft mit gleichwertigen Gegnern im eigenen Startfeld ohne Yardstickwertung messen konnten. Einige Tage vor der Veranstaltung lief bei den Mannschaften alles auf Hochtouren, denn die Schiffe mussten verladen, gereinigt und überprüft werden. Am 13.09.2002 starteten L–83, L–84 und L–156 vom Bodensee aus bei strahlendem Sonnenschein im 3er–Konvoi mit ihren Trailern Richtung Ammersee. Passanten am Wegesrand waren sichtlich begeistert, denn entweder winkte man uns zu oder man sah ein freundliches Lächeln auf deren Gesichtern. Nach 2,5 Stunden Fahrzeit waren wir am Ziel. Mehrere Mitglieder des ASViM erwarteten uns bereits, so dass die Schiffe mit tatkräftiger Unterstützung schnell im Wasser sowie aufgeriggt waren.
Da die lokale Presse Tage zuvor auf diese Regatta in einem Bericht hinwies, waren bereits etliche Besucher wegen der L–Boote vor Ort. Für manch einen war es nach langer Zeit ein Wiedersehen, da man eines dieser Schiffe entweder selbst gesegelt hatte oder Eigner eines solchen war. Bedenkt man, dass L–84 „Alter Herr“ (ex Gipsy X) fast 50 Jahre im Besitz des ASViM war und während dieser Zeit als Clubschiff genutzt sowie pfleglich behandelt wurde, wird einem bei dem Begriff „Pflege” heute nur zu gut bewusst, was ältere Generationen vollbrachten. Sicherlich ein Grund, warum L–84 und andere dieser rassigen „L–Boot–Schönheiten“ nach gut 80 Jahren immer noch auf verschiedensten Binnengewässern und Seen zu finden sind.
Die 1995 gegründete „30qm Traditions–Binnenkielklasse“ war mit sechs Yachten – wenn man bedenkt, dass von ehemals über 200 gebauten Einheiten lediglich von 26 existierenden Yachten dieser Klasse ausgegangen werden muss – gut vertreten.
In den 20er und 30er Jahren hielten sich einzelne Kreise des Segelsports, vor allem in Süddeutschland am Bodensee, der durchweg mit leichteren Winden zu rechnen hatte, lange Zeit von dieser Klasse fern. Heute jedoch ist der Bodensee mit sechs aktiven und zwei in der Restauration befindlichen L–Booten das Revier, in dem die 30qm–Binnenkielklasse am stärksten vertreten ist. Unter den Eignern dieser noch existierenden „Vollblutrenner“ begann 1995 mit der Neugründung der Klassenvereinigung ein Funke überzuspringen, der eine Renaissance der 30qm–Binnenkielklasse auslöste, denn waren anfänglich bestenfalls drei oder gar vier Boote dieser Klasse vertreten, so sind es dieses mal sechs Schiffe gewesen.
Dem Ruf des ASViM folgten nicht nur Eigner aus dem eigenen Club, sondern auch vom Niederrhein und vom Bodensee kamen sie mit jeweils bis zu 80 Jahren Zeitgeschichte beladen Richtung Ammersee, um beim HDL–Finale 2002 dabei zu sein. Es gab keinen Weg. der zu weit schien. und so war es ein traumhafter Anblick, sechs dieser alten Schönheiten nebeneinander im Hafen und auf den Regattabahnen zu bewundern. Das beim Betrachten der optisch und technisch perfekt in Schuss gehaltenen Yachten so mancher zum Träumen verführt wurde, war uns, die wir schon länger von diesen Formen besessen sind, klar. Zeitzeugen die diese Klasse noch kannten, waren begeistert und ließen ihrer Freude freien Lauf in dem sie Geschichten aus jenen Tagen erzählten und die übrigen in Ihren Bann zogen, um sie etwas von den „guten alten Zeiten“ spüren zu lassen.
Bei den drei Wettfahrten, die während dem 14.09 und 15.09.2002 bei ein bis drei Windstärken, gut und anspruchsvoll bei engen Zieleinläufen und traumhaft schönem Wetter gesegelt wurden, fiel sehr schnell auf, dass die bis zu 80 Jahre alten Schiffe noch heute ihrem damaligen Ruf „30 qm Rennklasse“ als heutige Formel 1 auf dem Wasser alle Ehre machten.
Elegant und rassig in Form und Erscheinung, schnittig in den Linien glitten sie durchs Wasser und zeigten bei diesen Windverhältnissen schnell ihre Stärken und selbst den meisten modernen Konstruktionen den Heck–Spiegel.
Das durch den Akademischen Seglerverein in München organisierte HDL – Finale 2002 fand am Samstag Abend im eigenen Clubhaus bei vorzüglicher Bewirtung durch das Team um Frau Großmann seinen Höhepunkt. Während die Seglerinnen und Segler bei einem 3–Gänge–Wildmenü kulinarisch verwöhnt wurden, knüpfte man Kontakte, sprach über Erfolge oder lauschte einfach nur den Geschichten aus der Vergangenheit der Klasse.
Am Sonntag nach der letzten Wettfahrt, dem Auswassern und Verladen der Boote fand zum Abschluss die Preisverleihung statt.
Rang | Boot | Am Steuer | Verein | |
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1 | L–174 | Bahamut | Christoph Raddatz | KS |
2 | L–156 | Hexe | Hansjörg Lang | KS |
3 | L–84 | Alter Herr | Maurice Devoivre | YCLa |
4 | L–165 | Aldebaran | Bernhard Mehnert | ASViM |
5 | L-83 | Tir Na Nog | Frank Wutschka | KS |
6 | L-200 | Crescendo | Christoph Poppen |
Bericht : Maurice Devoivre, Christoph Raddatz
Bilder : Beatrice Lang, Maurice Devoivre, Burkhard Boettcher ASViM, Jakob Harald ASViM